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Hoch, frisch forsch
zu Jörg Schenuits Aufsatz "Das neubürgerliche Gift und die Staat des Dichters" in Fuge 3 "Der Staub Gottes"

von Alexander Kissler

Süddeutsche Zeitung vom 8.Januar 2009

"(...) Besonders die Verwechslung des Christentums mit einer "Moral-Idee" erzürnt Schenuit sehr. Die kleine Schrift "Credo" des Cicero- Gründers Wolfram Weimar dient ihm als Exempel für derlei "neubürgerliche Demagogie". Dort nämlich werde Religion gesagt und Demokratie gemeint. Glaube sei bei Weimar gut, weil und sofern er die Gesellschaft stabilisiert. Schenuit ist da weit eher bei Nietzsche, will nachdenken über Christus als den, der sich abhebt - und er will sich retten hin zu den Dichtern, zum Lyriker Norbert Hummelt etwa, der den wahren Abgrund noch kennt  zwischen Bescheidwissen und Glaube, Machbarkeit und Endlichkeit: "waren nicht sonst um diese / jahreszeit die gräber vielfach schon mit torf bestreut? war ich nicht / selber einer, der da streuen ging, bis alle erde zugedeckt erschien?"
Das alles ist im Kleinen höchst anfechtbar, im Großen aber erstaunlich anregend, lesenswert. Wer sonst stellt heute so forsch, so ungeschützt die Frage nach den vereinsamenden Kräften von Fides und Ratio, dem Gegenglück?"